Wärmetoleranz von grünlichen Wassermolchen

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Der in Nordamerika beheimatete grünliche Wassermolch (Notophthalmus viridescens ; nachfolgend Nv) ist hierzulande dafür bekannt, dass er in der Regel leicht (und eher billig) zu erwerben ist, aber gleichwohl als heikel gilt und dem erfahrenen Molchhalter vorbehalten sein sollte. Insbesondere scheinen Nachzuchten in Deutschland eine Seltenheit zu sein.

Zu dieser Molchart, von der ich inzwischen schon Jungtiere aus der F3-Generation abgegeben habe, gibt es eine außerordentlich reich beschriebene und wunderbar bebilderte Serie von Beiträgen, die überwiegend von Herrn Frank aus Aachen stammen und auf die jeder, der an diesen außerordentlich reizvollen und (teilweise) dauerhaft aquatilen Molchen Interesse hat, verwiesen sei.

Über Nv gibt es ansonsten nur spärliche Literatur, positiv zu erwähnen ist die Haltungsbeschreibung von Paul Bachhausen und natürlich wird Nv auch in dem Klassiker von Kurt Rimpp (Salamander & Molche, Ulmer Verlag) erwähnt bzw. beschrieben.

Die mit Abstand differenzierteste Darstellung, die allerdings auf biologische Aspekte fokussiert und Fragen der Terrarienhaltung nicht aufgreift, stammt von Prof. Hunsinger & Prof. Lannoo (beide USA) und kann frei über die Amphibiendatenbank aufgesucht werden.

Dort findet sich unter anderem der verblüffende Hinweis, dass junge Molche dieser Art während der (2 bis 7 Jahre dauernden) Landphase bis zur Geschlechtsreife Vorzugstemperaturen von 26° bis 28° aufgesucht hätten! Wenn man sich zudem das riesige Verbreitungsgebiet von N.v. vor Augen führt, (siehe die MAP bei amphibia.web), welches Staaten und Landstriche mit sehr hohen Durchschnittstemperaturen einschließt, und wenn man zudem bedenkt, dass die erwachsenen (aquatilen) Tiere sich nach Hunsinger & Lannoo bevorzugt in sonnigen Gewässerabschnitten aufhalten, bei denen es durch Aufheizung unmittelbar unter der Wasseroberfläche sicher auch zu beachtlich hohen Temperaturen kommen dürfte, dann stellt sich die Frage, ob wir diese Molche nicht zu kalt halten, wenn wir die Pflege dieser Tiere an der Messlatte unserer einheimischen Molche ausrichten.

Bei Rimpp heißt es etwa, dass bei den aus den warmen Gebieten stammenden Unterarten von N.v. Wassertemperaturen von 24° „ertragen“ würden und die Nominatform aus den „gemäßigten“ Gebieten bei „bis 20°“ zu halten sei. In dem aktuellsten Werk von Pasmans, Bogaert, Janssen und Sparreboom wird sogar behauptet, die bei dieser Art oft berichtete Sterblichkeit sei auf deren geringe Wärmetoleranz zurückzuführen! („Diese Molche werden noch immer sehr häufig importiert, doch sterben die meisten recht schnell, oft ohne ersichtlichen Grund. Die hohe Sterblichkeit, die man v.a. während und direkt nach dem Import beobachten kann, ist unseres Erachtens häufig ein Temperaturproblem, denn die kritische Maximaltemperatur bei dieser Molchart liegt ziemlich niedrig. Bei 32°C sterben diese Tiere sofort, aber erste Probleme treten schon bei deutlich geringeren Temperaturen auf.“) Ich halte diese Argumentation für unlogisch, denn welcher halbwegs vernünftige Halter von Molchen pflegt diese normalerweise bei Temperaturen um 30°?! Vermutlich niemand – und doch soll gerade dies (also hohe Wassertemperaturen) als Erklärung für ein oft (!) zu beobachtendes Problem herhalten. Das mag verstehen, wer will.

Es kommt aber noch ärger, denn ich möchte mit Blick auf die bei mir gehaltenen Tiere behaupten, dass sie eine höhere Wärmetoleranz haben als unsere einheimischen Molche und dass wir sie vermutlich auch problemlos bei höheren Temperaturen halten können (was nicht heißen soll, dass ich die Haltung um 30° empfehlen würde!).

Ich war bei meinen Tieren schon vor längerer Zeit dazu übergegangen, sie in der Winterzeit bei Temperaturen um 15° zu halten, wofür ein Heizstab (im Kelleraquarium) sorgen musste, und hatte dabei beobachtet, dass sich die Tiere ständig in unmittelbarer Nähe zum Heizstab aufhielten. Das zeigen die Tiere auch jetzt in der Übergangsphase, in der ich sie wieder in Kelleraquarium halte. Wie das Foto unten zeigt, suchen diese Tiere selbst bei Temperaturen, die an der Wasseroberfläche um 20° liegen, immer noch bevorzugt direkt den Platz am Heizstab auf, wo sie naturgemäß auf viel höhere Temperaturen treffen. Auch einen Halogenspot, den ich zeitweilig in Betrieb hatte, haben sie immer gern aufgesucht (gewissermaßen im Wasser in der Sonne liegen).

Dass die Tiere niedrige Temperaturen (als Überwinterungstemperatur) verkraften, steht außer Frage und Lannoo & Hunsinger schreiben, dass die Tiere bei 5-6° in eisfreien Gewässern dauerhaft im Wasser verbleiben, während sie das Wasser bei niedrigem Wasserstand und hohen Temperaturen verlassen (vermutlich weil es die Gefahr der Gewässeraustrocknung ankündigt).

Da wir bei dieser möglicherweise zu Unrecht als „heikel“ bezeichneten Molchart ja noch auf der Suche nach den passenden Haltungsbedingungen sind, möchte ich hiermit also dafür plädieren, bei diesen Molchen nicht die Toleranz zu unterschätzen, die sie für Temperaturen haben, welche wir bei unseren einheimischen Molchen (vielleicht auch zu Unrecht?) als zu hoch ansehen würden. Beziehungsweise wir sollten in Erwägung ziehen, dass auch die Nominatform Temperaturen von 24° nicht nur „erträgt“, sondern womöglich gut findet.

Eine kühle Phase von mindestens 6 Wochen mit Temperaturen zwischen 10° und 15° wird es bei mir dennoch als Winterimitat geben, schon um die Hoffnung auf weiteren Nachwuchs zu nähren und um den natürlichen Rhythmus zu imitieren. Auch der eben erwähnte Professor Lannoo, den ich in der Frage der Temperaturempfindlichkeit grünlicher Wassermolche einmal per Mail befragt habe, bestätigte mir, dass grünliche Wassermolche beachtlich hohe Temperaturen in der Natur erleben und fraglos verkraften. Er riet mir, für eine erfolgreiche Haltung und Zucht deutliche Jahreszeitliche Schwankungen sowohl hinsichtlich Temperatur als auch hinsichtlich der Tageslänge vorzusehen. („Hi Gerald, Thanks for your e-mail and congratulations on your success breeding eastern newts. We have talked about this here in my lab and it might work to introduce some severe seasonality to your animals. Adults here breed at low temperatures (2 – 3 degrees C) and will overwinter under ice; summer temperatures can be nearly 30 degrees C. Varying photoperiods appropriately (from 8 hrs light:16 hrs dark in winter to 16 hrs light:8 hrs dark in summer) may also help. Best of luck with this, and with best wishes, Mike L„; 6.11.2014).

Dass niedrige Wintertemperaturen für den Nachzuchterfolg wirklich nötig sind, darf jedoch sogar bezweifelt werden, denn dieser Molch wird in einem deutschen Forschungslabor seit ein paar Jahren erfolgreich und bei dauerhaften Zimmertemperaturen (sowie dort naturgemäß in größeren Stückzahlen) nachgezogen! Ich habe darüber an anderer Stelle berichtet.

Weibchen von N. viridescens (NZ2010, F1) wärmt sich den Bauch auf dem in Betrieb befindlichen 50W-Heizstab.Bei dem Tier sind im übrigen Knochenprobleme sichtbar bzw. mindestens zu erahnen, die bei dieser Art wiederholt als Komplikation bei der Aufzucht und Haltung beschrieben wurde. Die Rückenlinie dieses Tieres ist jedenfalls mittig erhoben, es liegt also eine leichte Rückgratverkrümmung vor. Diese ist jedoch, gegenüber der Ausgangslage bei Beginn der Rückkehr ins Wasser, inzwischen schon deutlich gebessert. Paul Bachhausen hatte über seine Tiere hingegen am 2.4.2014 im Forum Feuersalamander berichtet, dass die Knochenprobleme erst nach der Rückkehr ins Wasser und mit zunehmendem Alter der Tiere aufgetreten seien. Es bleibt insofern etwas unklar, was es mit Knochenproblemen bei Nv auf sich hat.

6 Kommentare

  1. Kleine bestätigende Ergänzung von mir: Wir haben in diesem Jahr einen außerordentlich warmen Mai gehabt, mit Temperaturen von 27° bis 30°. Da das Außenbecken (120 x 34 x 20cm; Wasserstand 12cm) während des Vormittags für ca. 2 Stunden besonnt ist, waren warme Wassertemperaturen die logische Folge. Bei 27° habe ich allerdings – durch teilweisen Wasserwechsel – die Aufheizung „gedeckelt“, aber bis zu dieser Temperatur war weder bei den Weibchen noch beim Laich oder den Larven irgendeine Beeinträchtigung durch eventuell zu warmes Wasser zu erkennen. (Von Nv ist bekannt, dass er bei niedrigem Wasserstand und hohen Wassertemperaturen das Wasser verlässt, das er ansonsten überwiegend ganzjährig besiedelt).

    Mit anderen Worten: diese Molchart sollte sich eigentlich problemlos für das Zimmeraquarium eignen und ist insofern wesentlich einfacher zu pflegen als etwa unsere einheimischen oder andere kältebedürftigen Molche!

  2. Nochmaliger Nachtrag von mir: Ich habe heute eines der beiden „Waldbecken“, in denen sich die Hälfte der NZ 2018 Jungtiere befand, umräumen müssen. Das Becken wird am Boden von einem Vorschaltgerät einer 18 W Leuchtstoffröhre erwärmt, steht (in der Winterzeit) ansonsten im Keller bei Lufttemperaturen von 10°-16°. Beim Umräumen stellte ich fest, dass die Moospolster oberhalb des Vorschaltgeräts sogar handwarm waren, die „Bodenheizung“ also erstaunlich wirkungsvoll war. Und bezeichnenderweise waren genau in diesen angewärmten Moospolstern (sowie unter Rindenstücken, also an trockenen Plätzen meines Waldbeckens) die Mehrzahl der Jungtiere zu finden!

  3. Nochmaliger Nachtrag zur Bestätigung der Wärmetoleranz
    Ich habe dieses Jahr eine kleine Gruppe von Jungmolchen in einem Miniwaldbecken aufgezogen, das zusammen mit einem anderen Becken derselben Größe (20×20 cm Grundfläche, 30 cm Höhe) über ein Vorschaltgerät einer Leuchstoffröhre am Boden aufgeheizt wurde, was eine sehr hohe Leuftfeuchte (> 90%) sowie eine recht hohe Lufttemperatur (19-21° nachts, 25-29° tagsüber) zur Folge hatte. „Gewagt“ hatte ich dies nur, weil in dem erwähnten Bericht von Hunziger & Lanoo (siehe in meinem Blog unter „N.v. in der Natur„) eine Vorzugstemperatur der Jungmolche von 28° erwähnt wurde. Die unter den oben genannten Bedingungen aufgezogenen Molche entwickelten sich allesamt normal (und wie zu erwarten etwas schneller).
    Man kann also sicher davon ausgehen, dass der grünliche Wassermolch mit Raumtemperaturen allemal gut zurecht kommt. Eine Überwinterung, sei es bei sehr niedrigen Temperaturen (< 10°) im Wasser oder als Kühlschranküberwinterung an Land (üblicherweise dann bei 8°) sollte dabei aber nicht übergangen werden.

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