Der grünliche Wassermolch

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Notophthalmus viridescens ist ein ca. 10 cm großer nordamerikanischer Molch, der gelegentlich bei uns in den Handel kommt, dann aber bezeichnenderweise nicht als DNZ, also als deutsche Nachzucht, sondern als Import. Dies deutet schon darauf hin, dass die Tierart heikel ist. In der Tat habe ich alle eingekauften (importierten) Tiere spätestens ein Jahr nach dem Erwerb verloren.
Ich habe zweimal je vier Tiere erworben, bei der zweiten Gruppe aber das Glück eines Nachzuchterfolges gehabt. Meine Hoffnung, dass die in Gefangenschaft aufwachsenden Tiere sich vielleicht als weniger heikel erweisen würden, hat sich zum Glück bestätigt, denn die (sehr wenigen) Jungtiere, die ich seit deren Metamorphose (2010) verloren habe, sind nicht an Krankheiten eingegangen, sondern durch vermeidbare Fehler meinerseits (z.B. weil ein Tier ausbrechen konnte). Schwieriger fand ich die Zeit bis zur Metamorphose, weil die jungen Larven winzig sind und entsprechend kleine Futtertiere benötigen.

Meine ersten inzwischen geschlechtsreifen Jungtiere habe ich bis zur Rückkehr ins Wasser in einem „Waldterrarium“ gehalten, das etliche Monate im Jahr im unbesonnten Freien und in kühleren Monaten im Keller stand. Seit dem Frühjahr 2013 sind sie (dann mit gut zwei Jahren) erstmalig in das Wasser zurück gekehrt – und bis auf ein Tier, das im Herbst 2013 wieder an Land ging, sind alle seitdem im Wasser geblieben. Ein dauerhafter Aufenthalt im Wasser scheint bei diesen Tieren durchaus auch in der Natur vorzukommen (siehe unten).

Diese Landphase der Tiere (die in der Natur zwischen 2 und 7 Jahren dauern kann!) habe ich übrigens sehr genossen. Demgegenüber kann man in Blogs gelegentlich den Eindruck bekommen, dass andere Halter von Molchen ihre jeweiligen Jungtiere möglichst schnell wieder zurück ins Wasser bekommen wollen und sich dann darüber austauschen, was sie nur falsch machen, wenn die Tiere nicht so wollen wie sie sollen. Meine jungen Molche kamen jedenfalls in ihrem „Waldterrarium“ sehr verlässlich aus ihren moosbedeckten Höhlen hervor, insbesondere in den frühen Morgenstunden und wenn ich das Becken beregnet hatte. Sie waren überhaupt recht mobil und aktiv und dabei schön zu beobachten.

Die Landaktivität war mir übrigens auch bei den Elterntieren aufgefallen, die ich damals zeitweilig in einem (hochformatigen) Aquaterrarium gehalten habe, in dem sie gelegentlich in die ca. 40 cm über dem Wasser angebrachten Bromelienkörbe an der Rückwand hinauf geklettert waren! Jungtiere sind übrigens auch in der Natur aktiver als adulte Tiere an Land, insbesondere auch tagsüber aktiver. Dies bringt man in Zusammenhang damit, dass sie um den Faktor 10 giftiger sind als die Elterntiere. In der Haut ist ein neurotoxisches Gift (Tetrodotoxin) eingelagert, das viele übliche Prädatoren (Fressfeinde) davon abhält, die mit „Warnfarbe“ ausgestatteten Tiere anzurühren. Das haben übrigens andere Molche und Salamander gewissermaßen genutzt, die nämlich – obwohl sie selbst ungiftig sind – durch eine farbliche Angleichung an N. viridescens davon „profitieren“, dass diese üblicherweise verschmäht werden (vgl. J. Nerz „Die Strategien der Wehrlosen – Abwehrmechanismen der Salamander“ in der Zeitschrift Amphibia, Heft 1 von 2014). Gleichwohl gibt es in der Natur immer noch „genug“ Tiere, die auch N. viridescens gelegentlich auf dem Speiseplan haben (oder sich darauf spezialisiert haben, nur die ungiftigen Teile zu fressen, zum Beispiel den Kopf oder die Innereien, die von der Bauchseite her ausgenommen werden). Entsprechende Beobachtungen von (geköpften) Molchen wurden schon in den 1930er Jahren berichtet. Die Giftigkeit der Molche (adulte wie juvenile Exemplare) scheint im übrigen zwischen den Individuen und insbesondere regional unterschiedlich zu sein (Toxicon, Band 59, S. 257-64, 2012) und man geht von einer exogenen anstatt genetischen Merkmalsausstattung aus, so dass in Gefangenschaft nachgezüchtete Tiere vermutlich ungiftig sind, wie es zum Beispiel auch von den Pfeilgiftfröschen bekannt ist (deren Gift sie aus dem Verzehr von Ameisen in ihrem Körper bilden). Meine inzwischen geschlechtsreifen Jungtiere (F1) haben erstmalig im Sommer 2013 abgelaicht, und die daraus folgende Generation (F2) hat 2016 erstmalig Nachwuchs (F3) produziert. Zur Zeit (2017) habe ich nur noch drei Tiere der ersten Nachzuchtgeneration (F1) in Pflege und alle anderen adulten und juvenilen Tiere abgegeben. Ich kann zumindest sagen, dass bis in die dritte Generation die Fruchtbarkeit der Molche erhalten geblieben ist (und ich an einer dauerhafte Reproduktion in Gefangenschaft bei dieser Art insofern keinen Zweifel hege).

Nach einer relativ kurzen Ruhephase haben die F1-Tiere, die im Sommer 2013 erstmalig Nachwuchs produzierten, schon Ende Dezember 2013 wieder mit neuen Paarungsaktivitäten begonnen. Die Wassertemperatur liegt überwiegend zwischen 15° und 22°, wobei meine Tiere eher die warmen Temperaturen bevorzugen. Von den Jungtieren während der Landphase ist berichtet worden, dass sie Vorzugstemperaturen von 26° bis 28° (!) aufgesucht haben, was für Molche ungewöhnlich klingt, aber womöglich bedeutet, dass wir unsere N. viridescens tendenziell zu kalt halten, wenn wir sie wie unsere einheimischen Molche pflegen.

Die Tiere können offensichtlich sehr gut sehen, schnappen problemlos auch Futtertiere von der Pinzette, selbst wenn die Futtertiere die Wasseroberfläche noch gar nicht berührt haben. Sehr gern verfüttere ich mittelgroße Drosophila, da diese vor dem Verfüttern gut mit Mineralstoffen und Vitaminen bestäubt werden können. Die Molche haben rasch gelernt, die auf der Oberfläche hopsenden Fliegen zu erwischen (und dass sie sich dafür etwas anstrengen müssen, ist mir nur recht). Die Bestäubung mit Mineralstoffen praktiziere ich jetzt konsequenter, nachdem bei einem Teil der NZ2010 Knochenprobleme (Verkrümmung der Wirbelsäule) sichtbar geworden sind. Glücklicherweise scheinen diese Probleme reversibel zu sein, denn seit sich die Tiere im Wasser befinden, haben sich die Auffälligkeiten zumindest bei einem Teil der betroffenen Tiere weitgehend zurückgebildet. Gefressen werden auch gefrorene Futtertiere (Daphnien, Mückenlarven), ebenso Raupen und Käferlarven (wenn diese nicht zu hartschalig sind), und selbstverständlich im Wasser lebende Futtertiere. Allerdings sind die Molche durchaus wählerisch, zumindest verglichen mit meinen Unken, die sich immer auf alles stürzen, was sich bewegt und was sie bewältigen können.

Was die Lebensdauer der Tier anbetrifft, bin ich selbst natürlich sehr gespannt und hoffe, dass es meiner F1-Generation aus 2010 noch recht lange gut geht. Dass die Tiere sogar in der Natur ein beträchtliches Alter erlangen können, ist gesichert, denn schon die Landphase bis zur erstmaligen Rückkehr in die Laichgewässer (die in der Regel nicht weiter als 800m vom Landhabitat entfernt liegen) dauert je nach Herkunft der Tiere zwischen zwei und sieben Jahren. Für Weibchen ist durch gesicherte Funde belegt, dass sie mindestens 12 Jahren alt werden können, für Männchen wurde ein Alter von 15 Jahren belegt. 

Die ausführlichste Beschreibung dieser interessanten (und bei Erwerb von Nachzuchttieren möglicherweise doch nicht so heiklen) Molchart habe ich in der amerikanischen Amphibiendatenbank gefunden. Von dort stammen auch alle hier wiedergegebenen Hinweise über N. viridescens in der Natur. Wenn man dort in das Suchfeld für den Artnamen Notophthalmus eingibt, werden einem drei Einträge angeboten und unter N. viridescens gelangt man zu der sehr interessanten Beschreibung von Todd Hunsinger und Michael Lannoo. Auf derselben Seite findet man in der Menüführung dann oben links einen Link zu einer Fotogalerie mit über hundert sehr schönen Fotos. Die dort imponierende rote Färbung der Jungtiere und Landgänger haben meine nachgezogenen Tiere allerdings nicht. Möglicherweise/wahrscheinlich sind das ernährungsbedingte Effekte (oder regionale Unterschiede).Eine wunderbare Fotodokumentation einer erfolgreichen deutschen Nachzucht kann man hier finden.Einen lesenswerten deutschsprachigen Haltungsbericht findet man zudem bei Paul Bachhausen, der sicher einer der erfahrensten Halter und Züchter von Molchen in Deutschland ist.

Junger Molch (F2) neben einer Futterschale (ehemaliger Messlöffel für Kaffee o.ä.).
Relativ frisch geschlüpfte Larve (F2, NZ2014) an einer Alge sitzend; ca. 3mm lang
(iPhone Foto: Sebastian Dzikus)
Männchen (F1, NZ2010) im Prachtkleid (iPhone Foto: Sebastian Dzikus). Wie man sieht, ist das Tier eher gelb als grünlich, wobei die Tiere an Land dunkler gefärbt sind und dann auch eher ins Grünliche. Farbunterschiede von gelbbraun bis olivgrün sind allerdings auch für diese Art beschrieben (siehe K. Rimpp: Salamander & Molche, Ulmer Verlag) 
Männchen im Prachtkleid (F1, NZ2010); am Hinterfuß sieht man trotz der trüben Aufnahme deutlich die schwarzen Schwielen an den Fußspitzen, die sich nur während der Paarungszeit entsprechend färben (iPhone Foto: Sebastian Dzikus)
Ein Jahr alte Jungtiere (F2), die in einem Futtertopf nach Beute (Springschwänze) suchen.
Jungtier (F2), kurz nach der Metamorphose. Der kleine dunkle Fleck auf der linken Seite am Hals ist übrigens die „Narbe“, wo bis kurze Zeit vorher noch die Kiemenäste herausragten. Die Größe der Landgänger zum Zeitpunkt der Metamorphose variiert beträchtlich, unter anderem abhängig vom Futterangebot und den Wassertemperaturen während der Larvenzeit. Das abgebildete Tier ist ein recht zarter Landgänger, aber richtig kräftige Landgänger, wie ich sie zum Beispiel bei H. orientalis und zumal bei H. cyanurus oft gesehen habe, sind bei meinen N. viridescens gar nicht vorgekommen.

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