Beängstigendes Paarungsverhalten bei grünlichen Wassermolchen

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Das Paarungsverhalten bei einheimischen Molchen ebenso wie z.B. bei den asiatischen Feuerbauchmolchen besteht im Wesentlichen aus zwei Abschnitten: In der ersten Phase bringt sich das paarungsbereite Männchen vor dem Weibchen in Positur und wedelt diesem mit seinem zu einem U eingewinkelten Schwanz Duftstoffe zu. Ist auch das Weibchen paarungsbereit, lässt es sich von diesen Duftstoffen „betören“, andernfalls sucht es das Weite.

Wenn das Männchen aber Erfolg hat und das Weibchen sich auf dieses „Spiel“ einlässt, kommt es zur zweiten Phase, in der sich das Männchen irgendwann vom Weibchen wegdreht und – während es sich langsam vom Weibchen entfernt – unterwegs Samenpakete am Boden absetzt. Das betörte Weibchen folgt dem Männchen auf seiner Spur und nimmt dabei über die offene Kloake diese männlichen Samen auf und es erfolgt so in ihrem Inneren die Befruchtung, so dass später, wenn die Weibchen ihre Eier einzeln an Wasserpflanzen „ankleben“, bereits befruchtete Eier aus ihnen herauskommen (im Unterschied etwa zu den Froschlurchen, bei denen die Befruchtung während des Amplexus und im Moment des Ausstoßens der Eier erfolgt).

Was den zweiten Abschnitt dieses Paarungsspiels anbetrifft, so ist dieser beim grünlichen Wassermolch (Notophthalmus viridescens) ziemlich identisch. Der erste aber hat einen etwas anderen Zuschnitt. Zwar ist es auch beim grünlichen Wassermolch so, dass das Männchen dem Weibchen mit dem zu einem U gebogenen Schwanz  Duftstoffe ins Gesicht wedelt. Im Unterschied zu der zuvor beschriebenen Phase 1, bei der sich das Männchen vor dem Weibchen in Positur bringt und hoffen muss, dass es nicht entweicht, zwingt das Männchen der grünlichen Wassermolche sein Gegenüber zum „Inhalieren“ der Duftstoffe. Wie das geht? Es „bespringt“ mit den Hinterbeinen das Gegenüber am Hals, hält es also mit den Hinterbeinen fest, und beginnt dann mit dem Wedeln.

Dieses Bespringen und diese erste Phase des Paarungsspiels hat mich etwas an Paarungen von Leguanen erinnert, die ich viele Jahre gehalten und nachgezüchtet habe. Da bespringen die Männchen die Weibchen ebenfalls, wobei das Festhalten der Weibchen dort nicht mit den Hinterbeinen geschieht, sondern mit der Schnauze („Nackenbiss“). Das Männchen des grünlichen Wassermolchs packt das Weibchen wie gesagt mit den Hinterbeinen und wedelt in einem fort seine Duftstoffe zu.

Die  beiden nachfolgenden Bilder zeigen ein solches in Phase 1 steckendes „Knäuel“: Das untere Tier ist ein Weibchen des grünlichen Wassermolchs, an dessen Hals die Füße des Männchen zu erkennen sind. Und man kann den Druck zumindest ahnen, den das Männchen beim Umklammern ausübt, das für den uneingeweihten Betrachter fast wie ein „Erwürgen“ erscheinen mag.

Dass diese ganze Szene ein bisschen nach „Vergewaltigung“ aussieht, ist aber nicht das, was sie für mich „beängstigend“ macht. Solche und noch krassere Szenen waren mir von den Leguanen ja gut vertraut.

Das Beängstigende hatte vielmehr mit der Zeit zu tun, die diese Tiere in einer solchen Umklammerung zubrachten. Manches Mal dachte ich: „Die müssen doch jetzt irgendwann wieder zum Luftholen auftauchen!“ Umklammerungen von 40 bis 50 Minuten Dauer waren keine Seltenheit! Andererseits habe ich nie ein Weibchen bei solchen Umklammerungen verloren.

Noch etwas Bemerkenswertes gibt es zu diesen „beängstigenden“ Umklammerungen zu berichten. Sie können sehr wohl auch ein männliches Tier treffen, also gewissermaßen „homosexuelle“ Begattungsversuche sein. Bei einem solchen bin ich – eben weil es mich zu ängstigen begann – auch einmal eingeschritten, indem ich die Männchen mit den Händen voneinander gelöst habe. Als die Tiere nach weit über einer Stunde immer noch in dieser Position waren, riss mir der Geduldsfaden und ich beendete diese Szene. Das war im übrigen gar nicht einfach! Mir schien es fast so, als sei das „männliche Männchen“ wie in einem muskulären Dauerkrampf am „weiblichen Männchen“ geradezu festgekrallt gewesen. Es konnte jedenfalls in den ersten Augenblicken nach der Trennung seine Hinterbeine gar nicht normal bewegen.

Man mag einwenden, dass ich hier vielleicht überängstlich reagiert habe, zumal ich inzwischen bei Rimpp („Salamander und Molche“ , Ulmer Verlag 1978) nachgelesen habe, dass dieser Teil des Paarungsrituals bis zu zwei Stunden (!) dauern kann.

Zu denken gab mir andererseits, was ich in einem ausführlichen Telefonat mit dem Tierpfleger eines Forschungslabors erfuhr, in dem N. viridescens seit Jahren für Versuchszwecke gezüchtet wird, nämlich dass dort plötzliche Todesfälle sehr wohl vorgekommen waren. Und dass dann die betreffenden Tiere mit geschwollener Zunge im Wasser trieben, obgleich sie vorher nicht die geringsten Krankheitszeichen aufgewiesen hatten. Beides legt durchaus die Vermutung des Ertrinkens nahe (siehe dazu auch meinen Beitrag zum grünlichen Wassermolch im Forschungslabor).

Ich hege inzwischen die Vermutung, dass dieses „Bespringen“ von anderen Männchen, also die „Vergewaltigung“ eines Nebenbuhlers nach dem Verhalten der Phase 1, womöglich eine Art Revierkampfverhalten darstellt. Damit wäre es dann nicht ein Begattungsversuch, sondern versuchtes Ertränken!

Dass Amphibien bei Begattungsversuchen ertrinken können, ist z.B. von Kröten belegt, deren Weibchen sich ja oftmals mehrerer gleichzeitig klammernder Männchen erwehren müssen. Zwar sind bei den Kröten die Weibchen in der Regel viel größer als die Männchen, aber wenn diese nur in genügender Überzahl am Werke sind, kann es eben doch auch einmal tödlich für die Weibchen enden.

Ich habe diesbezüglich einen Zoologen aus den USA (Prof. Lannoo) einmal kontaktiert, der als Experte für grünliche Wassermolche gelten kann, und habe ihn gefragt, ob er sich das bei N. viridescens vorstellen könne. Er bestätigte, dass man immer mal wieder tote Tiere in der Natur finden könne, bei denen eigentlich nichts auf Krankheit hinweist, aber gesehen habe er so etwas in der Natur noch nie, wollte also meine Vermutung vom zufälligen oder absichtlichen Töten weder bestätigen noch zurückweisen.

Bevor ich meinen Bestand an geschlechtsreifen grünlichen Wassermolchen auf eine kleine Zuchtgruppe (1;2) reduziert hatte, pflegte ich die Tiere die meiste Zeit nach Geschlechtern getrennt! Das reduziert den Stress der Weibchen ganz erheblich, von denen im Becken auf diese Weise auch viel mehr zu sehen ist, während sie sich bei Anwesenheit eines Männchens überwiegend in der Deckung vom Krautbereich o.ä. aufhalten (sofern es eine Deckung im Behälter gibt, was in meinen Augen aber zwingend erforderlich ist).

Natürlich verbringen die Molche einen Teil der Saison gemeinsam, und mindestens zur Befruchtung muss ja ein Zusammentreffen stattfinden. Aber befruchtete Weibchen tragen den männlichen Samen für den gesamten Rest der sich über viele Wochen und Monate hinziehenden Legeperiode in sich, und es ist sogar auch schon von einer „Container-Befruchtung“ berichtet worden, dass also auch im Folgejahr noch befruchtete Eier gelegt wurden, obgleich zwischendurch keine neue Befruchtung erfolgte. (Dieses Phänomen ist übrigens bei karibischen Leguanen, den Anolis, ebenfalls verschiedentlich beschrieben worden).

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