Giftige Molche (1)

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Der folgende Blogbeitrag fasst die Ergebnisse aus unterschiedlichen Quellen zusammen. Auf sie wird durch eine in Klammern gesetzte Zahl verwiesen. Die Quellen sind am Ende dieses Beitrags aufgelistet.

Dass nicht nur Frösche und Kröten giftig sein können, sondern auch Salamander und Molche, ist nicht jedem Terrarianer bekannt. Im Folgenden wird konkret über die Giftigkeit von Feuerbauchmolchen (Cynops, Hypselotriton) und nordamerikanischen Molchen (Taricha, Notophthalmus) die Rede sein.

Da Gifte sowohl bei Amphibien als auch bei Reptilien (Schlangen!) vorkommen, ist es nicht sehr verwunderlich, dass unter den Toxikologen, also den berufsmäßigen Giftforschern, auch solche mit einer besonderen Neigung zur Herpetologie zu finden sind. Einer davon ist der seit 2007 emeritierte, aber noch wissenschaftlich aktive Frankfurter Hochschullehrer Prof. Dr. Mebs. Er hat sein Augenmerk auf Tetrodotoxin gelenkt, ein Gift, das u.a. in der Haut von Notophthalmus viridescens nachgewiesen wurde und auch bei Feuerbauchmolchen vorkommt.

Der international renommierte Forscher hat etliche Beiträge sowohl in wissenschaftlichen als auch in Terrarienzeitschriften veröffentlicht, in denen er diesem Gift näher auf die Spur gekommen ist. Vor allem beschäftigt ihn die Frage, ob die Tiere das Gift selbst herstellen (synthetisieren) oder es aus der Umwelt aufnehmen (1). Von Pfeilgiftfröschen weiß man zum Beispiel, dass deren Giftigkeit darauf beruht, dass sie bestimmte Ameisen fressen, die bekanntlich ein Gift im Körper tragen, das die Frösche dann im eigenen Körper speichern, wodurch sie dann (erst) giftig werden und sich vor Fressfeinden schützen.

Auf den Giftstoff Tetrodotoxin (geläufige Abkürzung: TTX) wird am Ende dieses ersten Beitrags noch einmal kurz Bezug genommen. Hier sei nur schon einmal erwähnt, mit welchen Worten Prof. Mebs in einem Beitrag in DIE WELT (2) zitiert wurde: im Vergleich mit TTX sei „Zyankali harmlos“, denn „das Gift der Molche ist tausendmal stärker“!

Giftige Feuerbauchmolche
In seinem in der AMPHIBIA erschienen Aufsatz über die Giftigkeit asiatischer Molche (1) berichtet Prof. Mebs von einer Studie einer japanischen Wissenschaftlerin, mit der er viel zusammen publiziert hat. Sie hatten darin 2015 an Cynops pyrrhogaster zeigen können, „dass juvenile Molche von Elterntieren, die giftig sind, selbst nach einem Jahr im Terrarium“ kein TTX aufweisen (S. 12). Mit anderen Worten, die Molche können TTX nicht selbst herstellen. Dasselbe Ergebnis fand Prof. Mebs bei Hypselotriton orientalis und es habe sich auch zeigen lassen für Paramesotriton-Arten sowie für Laotriton laoensis.

Im letzten Jahr veröffentlichte Prof. Mebs eine weitere, spannende Studie zu H. orientalis (3). Darin konnte er zeigen, dass giftige Elterntiere auch giftige Eier ablegen, dass aber die Nachzuchten unter Terrarienbedingungen nur dann giftig waren, wenn sie bei den Elterntieren verblieben. Separat von ihnen aufgezogene Jungtiere waren also ungiftig! Dies spricht dafür, dass es nicht wie bei Pfeilgiftfröschen bestimmte Futtertiere sind, aus denen das Gift gewonnen wird, sondern dass es vielleicht eher Bakterien oder andere im Körper der Molche lebende (und übertragbare !) Mikroorganismen sind, mit deren Hilfe die Molche das Gift im Körper bilden (oder vermutlich bloß anreichern).

Giftige Molche in Nordamerika
Das extrem giftige Tetrodotoxin wurde bei Taricha und Notophthalmus nachgewiesen. Beide Arten haben ein sehr großes Verbreitungsgebiet. Für Notophthalmus viridescens (N.v.) reicht es sogar vom südöstlichen Quebec in Kanada „über den gesamten Osten und die Mitte der USA bis zum Golf von Mexiko“ im Süden der USA (4). Auf die eurapäische Landkarte projiziert, entspräche dies etwa einer Verbreitung von Lissabon bis nach Warschau!

Prof. Mebs konnte in einer 2012 veröffentlichten Studie (5) dieselben Muster finden wie die bei den Feuerbauchmolchen: in Gefangenschaft aufgezogene Nachzuchten giftiger Elterntiere sind ungiftig. Interessant war allerdings, dass die Giftigkeit von N.v. in der Natur extrem variierte: neben hoch giftigen Exemplaren gab es solche, die ungiftig waren. Das spricht bereits dafür, dass auch hier die Giftigkeit mit Hilfe äußerer Einflüsse (Futter, Mikroorganismen) im Körper der Molche entsteht, aber keine Fähigkeit zum eigenen Herstellen (Synthese) vorliegt. Dasselbe fand er übrigens für Taricha (6).

Die Erklärung für das ungewöhnliche Muster, also starke regionale Unterschiede der Giftigkeit, könnte in der Anwesenheit von Fressfeinden liegen, was als „Rüstungswettlauf“ bezeichnet wurde, wenn nämlich Molche dort besonders giftig sind, wo bestimmte Fressfeinde eine gewisse Toleranz oder Resistenz gegen TTX aufweisen. Das berührt das Thema des zweiten Beitrags zur Giftigkeit von Molchen, in dem es u.a. um die Frage geht, wie gut TTX die Molche schützt und wen es nicht (vom Fressen) abhält.

Das Gift Tetrodotoxin
Auf Wikipedia wird zum Hautgift der asiatischen und nordamerikanischen Molche, dem TTX, festgestellt, dass es ein Alkaloid sei, dessen chemische Struktur erst 1962 aufgeklärt wurde (7).

TTX zählt zu den stärksten Nicht-Proteingiften, dessen tödliche Wirkung bereits bei Aufnahme von 0,5 bis 1 Milligramm erreicht wird, jedenfalls bei oraler Aufnahme. Die tödliche Wirkung entfaltet das Gift durch Lähmung der willkürlichen Muskulatur, einschließlich der Atemmuskulatur. Wird das Gift oral aufgenommen, verbleibt eine kurze Zeitspanne, in der die Rettung meist noch möglich ist. Gelangt das Gift hingegen auf direktem Weg in die Blutbahn, besteht wegen des extrem raschen Wirkungseintritts kaum eine Überlebenschance.
TTX ist übrigens bekannt als ein Gegengift zum Gift der Pfeilgiftfrösche, dem Batrachotoxin.

Quellen zu diesem Beitrag:
(1) Mebs (2017) Asiatische Molche, giftig oder nicht? AMPHIBIA Vol. 16(2); S. 12-13.
(2) Mebs in einem Beitrag in DIE WELT vom 5.10.2016: Forensiker Dietrich Mebs lässt die Giftforschung nicht los; abgerufen am 2.4.22
(3) Mebs & Yotsu-Yamashita  (2021) Acquiring toxicity of a newt, Cynops orientalis. TOXICON Vol. 198; S. 32-35.
(4) Grosse (2018) Bemerkungen zum Grünlichen Wassermolch Notophthalmus viridescens. AMPHIBIA Vol. 17(2); S. 4-5.
(5) Yotsu-Yamashita, Gilhen, Russell, Krysko, Melaun, Kurz, Kauferstein, Kordis und Mebs (2012) Variability of tetrodotoxin and of its analogues in the red-spotted newt, Notophthalmus viridescens. TOXICON Vol. 59; S. 257–264.
(6) Mebs (2019) Taricha granulosa aus dem südlichen Alaska, giftig oder nicht? AMPHIBIA Vol. 18; S. 27-31.
(7) Tetrodotoxin – Wikipedia; abgerufen am 30.3.2022.

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